Der Duft einer Blume
Aus dem Buch: Freiheit: Der Mut, Du selbst zu sein
von Osho
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Das Wort Liebe kann zwei vollkommen unterschiedliche Bedeutungen haben - und nicht nur unterschiedlich, sondern absolut entgegengesetzt.
Die eine Bedeutung ist Liebe als Seinszustand. In dem Augenblick, in dem Liebe zu einer Beziehung wird, wird sie zu Knechtschaft, weil dann Erwartungen und Forderungen und Frustrationen damit verbunden sind und eine Anstrengung von beiden Seiten, den anderen zu beherrschen. Das Ganze wird zu einem Machtkampf.
Beziehung ist also nicht das Richtige. Doch Liebe als Seinszustand ist etwas vollkommen anderes. Es bedeutet, dass man einfach nur voll Liebe ist, ohne dass man eine Beziehung daraus macht.
Diese Liebe ist wie der Duft einer Blume. Sie erzeugt keine Beziehung; sie verlangt nicht, dass der andere so oder so ist, sich auf eine bestimmte Art und Weise verhält, auf eine bestimmte Art und Weise handelt. Sie verlangt nichts. Sie gibt einfach. Und in diesem Geben ist keine Sehnsucht nach irgendeiner Belohnung enthalten. Das Geben ist die Belohnung.
Wenn Liebe wie ein Duft wird, dann besitzt sie eine wunderbare Schönheit. Und sie enthält etwas, das weit über der so genannten Menschheit steht - sie enthält etwas Göttliches.
Wenn Liebe ein Zustand ist, kann man nichts dagegen tun. Diese Liebe strahlt nach aussen, doch sie wird für niemanden zum Gefängnis, und sie lässt auch nicht zu, dass jemand anders für dich zum Gefängnis wird.
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Lasst Liebe zu eurem Seinszustand werden. So dass ihr euch nicht mehr verliebt, sondern immer voll Liebe seid. ... Liebe ist einfach nur der Duft eures Seins. Selbst wenn ihr allein seid, seid ihr von liebevoller Energie umgeben. ... Der liebevolle Seinszustand ist nicht auf etwas Besonderes gerichtet.
Ich habe niemals gesagt, dass ihr nicht in einem Zustand der Liebe sein sollt, doch ihr könnt nur in einem Zustand der Liebe sein, wenn ihr euer altes Muster von Beziehungen aufgebt. Liebe ist keine Beziehung.
Zwei Menschen können sehr liebevoll miteinander sein. Je liebevoller sie sind, desto weniger besteht die Möglichkeit einer Beziehung. Je mehr Liebe zwischen ihnen ist, desto mehr Freiheit existiert zwischen ihnen. Je mehr Liebe sie füreinander hegen, desto geringer ist die Möglichkeit von Forderungen, Herrschaft, Erwartungen. Und natürlich gibt es dann auch keine Frustration.
Wenn zwei Menschen in einer Beziehung sind und ihre Erwartungen nicht erfüllt werden - und sie werden niemals erfüllt -, dann verwandelt sich Liebe sofort in Hass.
Es waren Erwartungen vorhanden, und nun sind Frustrationen vorhanden - zuerst haben sie ihre Erwartungen projiziert, und nun projizieren sie ihre Frustrationen. Keiner von beiden erkennt, dass sie von ihren eigenen unbewussten Vorstellungen umgeben sind. Und beide leiden.
Und so wie sie den anderen aufwerteten, als sie sich vorstellten, dass sie ihn lieben - ohne ihn überhaupt zu kennen -, so werten sie ihn nun ab.
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Nichts ist falsch an der Liebe. Tatsächlich ist alles falsch ohne Liebe. Doch Liebe ist so wertvoll, dass sie vor jeder Art von Verunreinigung, Verschmutzung, Vergiftung geschützt werden sollte. Beziehung vergiftet sie. ...
Lasst die Welt nur aus Einzelwesen bestehen, und wo immer die Liebe spontan erblüht, lasst sie singen, lasst sie tanzen, lasst sie leben; aber macht keine Ketten daraus. ...Die Liebe gibt euch Flügel, um wie ein Adler unter der Sonne zu fliegen. Ohne Liebe seid ihr ohne Flügel. Doch weil sie solch eine Nahrung und solch ein Bedürfnis ist, sind all diese Probleme darum herum entstanden.
Ihr möchtet, dass euer Geliebter oder eure Geliebte auch morgen noch verfügbar ist. Es war wunderschön heute, und ihr macht euch Sorgen wegen morgen. Daraus ist die Institution der Ehe entstanden. Sie entstammt nur der Angst, dass euer Geliebter oder eure Geliebte euch morgen verlassen könnte - also macht ihr einen Kontrakt vor der Gesellschaft und vor dem Recht daraus. ...
Liebe kommt wie eine Brise - sie kommt vielleicht erneut, doch vielleicht kommt sie auch nicht. Und wenn sie nicht kommt, dann wird das Zusammenleben bei fast allen Paaren der Welt zur Prostitution - des Gesetzes wegen, der Ehe wegen, der gesellschaftlichen Achtbarkeit wegen.
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Wenn ich meiner Liebe vertraue, warum sollte ich dann heiraten? Allein schon die Vorstellung zu heiraten ist ein Zeichen von Misstrauen. Und etwas, das aus Misstrauen entsteht, wird eurer Liebe nicht helfen, tiefer und höher zu werden. Es wird sie zerstören.
Liebt also, doch zerstört eure Liebe nicht durch etwas Künstliches - durch die Ehe oder durch irgendeine andere Art von Beziehung. ...
Liebe ist nur dann echt, wenn sie nicht in die Privatsphäre des anderen eindringt. Sie respektiert seine Individualität, seinen privaten Bereich.
Doch die Liebenden, wie sie auf der ganzen Welt anzutreffen sind, richten all ihre Anstrengungen darauf, dass nichts privat sein sollte, dass alle Geheimnisse mitgeteilt werden sollten. Sie haben Angst vor Individualität; sie zerstören sich gegenseitig ihre Individualität und hoffen, dass ihr Leben zufriedener wird, erfüllter wird, indem sie einander zerstören. Doch dadurch werden sie nur immer noch unglücklicher.
Seid also voll Liebe und denkt daran, dass alles sich ständig verändert. Euch wurde die falsche Vorstellung eingeimpft, dass echte und wahre Liebe für immer und ewig sein sollte.
Eine echte Rose blüht nicht für immer. Jedes lebendige Wesen muss eines Tages sterben. Das Leben ist ständige Veränderung. Doch die Vorstellung, dass Liebe ewig sein sollte, wenn sie echt ist ... Und wenn die Liebe eines Tages verschwindet, ist die natürliche Schlussfolgerung, daraus, dass es sich nicht um wahre Liebe gehandelt haben kann.
Die Wahrheit ist, dass Liebe ganz plötzlich auftaucht; sie entsteht nicht durch irgendeine Anstrengung von eurer Seite. Sie entsteht als ein Geschenk der Natur. Als sie kam, hättet ihr sie nicht angenommen, wenn ihr euch darüber Sorgen gemacht hättet, dass sie eines Tages plötzlich wieder verschwindet. So wie sie kommt, geht sie auch wieder. Doch deswegen braucht man sich nicht zu sorgen, denn wenn die eine Blüte verwelkt ist, kommen andere Blüten nach. Es kommen immer wieder Blüten nach, deshalb klammert euch nicht an einer einzigen Blüte fest. Denn sonst werdet ihr euch bald an eine tote Blüte klammern.
Und so ist es auch in der Realität: Die Menschen klammern sich an eine tote Liebe, die einmal lebendig war. Jetzt ist sie nur noch eine Erinnerung und ein Schmerz, und nun sind sie gefangen durch das Gesetz und durch die Sorge um ihre Achtbarkeit.
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Es ist durchaus möglich, dass zwei Menschen ihr ganzes Leben miteinander verbringen. Niemand sagt, dass sie sich trennen müssen. Doch dieses Zusammenleben sollte nur aus Liebe geschehen und ohne sich gegenseitig die Indivudalität zu rauben, ohne in die Privatsphäre, in die Seele des anderen einzudringen.
Ihr könnt voller Liebe sein; ihr könnt Liebe sein. Und wenn ihr einfach nur liebevoll seid, wenn ihr Liebe seid, dann gibt es keine Möglichkeit, dass diese Liebe sich in Hass verwandelt. Weil es keine Erwartungen gibt, könnt ihr nicht frustriert werden. Doch ich spreche hier über Liebe als spirituelles Phänomen, nicht über die Biologie. Biologie ist nicht Liebe, sie Lust."
(Osho - Freiheit)
Dieser Beitrag von Osho ist für mich ein Herzensöffner.
In vielen Punkten könnte ich das voll unterschreiben,
in folgendem bin ich mir jedoch nicht sicher:
"Doch dieses Zusammenleben sollte nur aus Liebe geschehen und ohne sich gegenseitig die Indivudalität zu rauben, ohne in die Privatsphäre, in die Seele des anderen einzudringen."
Möchte ich es nicht doch auch, dass man in meine Seele eindringt?
Entscheidend ist, wie der/diejenige diesen Raum betritt und sich dort verhält.
Wenn meine Seele eine Blumenwiese wäre:
Da kommen
die mit dem Rasenmäher;
die mit den Wanderstiefeln mit hartem Profil;
die, die Blumen mit der Wurzel ausreissen;
die, die Blumen abschneiden;
die, die barfuss und ganz vorsichtig herumlaufen;
die, die Unkrautvernichtungsmittel sprühen;
die, die biologisch-dynamisch dafür sorgen, dass es bunt blüht;
die, die am Rande stehen und nur betrachten und staunen;
die, die eigene Samen (nein liebe Männer, nicht was ihr denkt) mitbringen und säen;
die, die einige ausgewählte Blüten pflücken und sie veredlen;
Natürlich weiss man vorher nicht, wie sich der Besucher verhält,
deshalb gilt es sehr achtsam zu sein.
(die Zitate wurden von Mod als solche gekennzeichnet. Wir bitten sehr darum, dieses in Zukunft selbst so zu handhaben.)